FinTechs versus Banken und Sparkassen war gestern: Das ergibt eine gemeinsame Studie des Sparkassen Innovation Hubs und EY zum FinTech-Markt Deutschland. Das Jahr 2019 stellte die gesamte Branche zwar vor große Herausforderungen, eröffnete ihr aber gleichzeitig im Zuge der Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) auch neue Chancen in der Erweiterung der eigenen Geschäftsmodelle. Dies ist nicht nur aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase dringend notwendig. Auch machen wachsende Ansprüche der Nutzer sowie das verstärkte Auftreten der BigTechs Amazon, Apple, Tencent und Co., die vermehrt mit ihren Lösungen Standards setzen, Kooperationen zwischen den hiesigen Finanzinstituten und FinTechs erforderlicher denn je.
FinTechs werden reifer, die Investitionssummen in etablierte Finanz-Startups werden damit einhergehend immer größer. Im Bereich Consumer Finance sollten Banken und Sparkassen zudem noch aktiver werden, um sich in einem wachsenden und profitablen Markt gegenüber FinTechs oder Vergleichsportalen behaupten zu können.

Marktentwicklung
Der deutsche FinTech-Markt ist mit 610 Finanz-Startups langsam gesättigt. Die Zahl der Neugründungen ist weiter rückläufig und das Jahr 2019 war hier keine Ausnahme. Lediglich acht neue FinTechs wurden im letzten Jahr gegründet. Zum Vergleich: Vor vier Jahren wurden noch über 50 FinTechs pro Jahr gegründet, also mehr als sechsmal so viele wie 2019. Die Investitionssummen in etablierte Finanz-Startups erreichen dafür jedes Jahr ein neues Rekordhoch. Deutsche FinTechs erhielten 2019 in 47 Deals insgesamt 1,2 Milliarden Euro, zweimal so viel wie 2018. Dabei war 2019 geprägt durch die zunehmende Reife lokaler FinTechs, die wachsende durchschnittliche Größe der Deals und das steigende Interesse ausländischer Investoren. Interessant dabei: Die Finanzierungssummen übersteigen bereits das Innovationsbudget mancher Banken.

Christopher Schmitz, EMEIA FinTech Leader bei EY, sagt dazu: „Die traditionellen Marktteilnehmer müssen sich jetzt fragen, wie sie langfristig mit diesen Budgets mithalten wollen. Angemessene Reaktionen auf diese Entwicklung werden notwendig, da neben den FinTechs auch BigTechs aus den USA und China immer stärker in den deutschen Bankensektor vordringen. Hierfür ist Mut gefordert, auch ins Risiko zu gehen, um echte Innovationen zu produzieren und seinen Kunden zur Verfügung zu stellen. Diejenigen, die es nicht schaffen, sollten sich Alternativen überlegen: in diesem Fall sind zum Beispiel Kooperationen mit weiteren Marktteilnehmern sicherlich eine valide Option.“
Eine deutsche Besonderheit ist zudem, dass die hiesige FinTech-Landschaft im Vergleich zu anderen Ländern geographisch stärker verteilt ist. Anstelle der Dominanz eines einzigen Standorts zeigen sich vielmehr drei große Hubs: Berlin, die Rhein-Main-Neckar-Region und München. In diesen Zentren lagen 2019 die Hauptsitze von 197 lokalen FinTechs, was mehr als der Hälfte der hiesigen Finanz-Startups entspricht. Die verbleibenden 40 Prozent waren über 48 Städte in ganz Deutschland verteilt. Hamburg zählte 2019 insgesamt 30 FinTechs.
Kooperationen
Banken und Sparkassen reagieren auf das veränderte Marktumfeld unterschiedlich. FinTechs werden meist nicht mehr als Konkurrenz, sondern als strategische Partner wahrgenommen. Ausgesuchte FinTechs werden dabei stärker in die Wertschöpfung integriert. Dies geschieht über Kooperationen, Förderprogramme oder Investments. Strategische Partnerschaften sind insbesondere im Zuge der Umsetzung von PSD2 wichtig. Daher beginnen viele Banken, Banking-Ökosysteme aufzubauen. Diese Entwicklung ist unabdingbar und wird die Bankenlandschaft stark verändern. Banken und Dienstleister, die diesen Schritt nicht energisch genug angehen, könnten ihre Marktstellung verlieren und zum reinen Infrastruktur- oder Produkt-Provider für einige wenige Ökosysteme werden. Die direkte Kundenschnittstelle ginge dabei verloren.

Bernd Wittkamp, Vorsitzender der Geschäftsführung der Star Finanz, ergänzt: „Banken und Sparkassen werden in Zukunft mehr denn je um die Kundenschnittstelle kämpfen müssen. Ihre Aktivitäten müssen dabei über schlichte Kooperationen hinausgehen. Ein eigenes Ökosystem muss das Ziel sein. Hier sollten nicht allein klassische Finanzdienstleistungen, sondern auch bankennahe Produkte und Services abgebildet werden. Ansonsten werden insbesondere die BigTechs immer mehr die Kundenschnittstelle einfordern. Und Challenger-Banken wie N26 und bald auch Check24 werden weiterhin digital-affine Kunden für sich gewinnen und langfristig an sich binden.“
Die Studie wird anlässlich des dritten Innovation Days des Sparkassen Innovation Hubs am 5. Mai 2020 in Hamburg vorgestellt. Redaktionen können diese bereits jetzt per E-Mail anfordern bei: weferling@red-robin.de