Der Online-Handel hat sich rasant vom Corona-Schock erholt und erweist sich als Pandemie-Gewinner. Im März dieses Jahres hatte die Corona-Krise auch bei den Online-Händlern die Nachfrage um gut 18 Prozent einbrechen lassen. Doch bereits im April lagen die Umsätze im deutschen Online-Handel mit 6,8 Milliarden Euro wieder im Plus mit 17,9 Prozent über dem Vorjahresniveau, wie der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) mitteilte. Im Mai ging es mit einem Umsatzplus von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat weiter.
Insgesamt ergibt sich für das zweite Quartal 2020 ein E-Commerce-Wachstum von 16,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Mit einem Plus von 51,2 Prozent im zweiten Quartal und 35,7 Prozent im 1. Halbjahr 2020 sind die Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Tierbedarf, Medikamente oder Drogerie am stärksten gewachsen. Die Online-Nachfrage stieg, obwohl alle diese Produkte auch während des Lockdowns stets stationär verfügbar waren. Wir haben also unsere Einkaufsgewohnheiten verändert.
Wir kaufen anders ein
Laut einer internationalen Forrester-Studie haben 50 Prozent der Befragten während des Corona-Lockdowns Produkte im Internet bestellt, die sie zuvor noch nie online gekauft hatten. Das betrifft am häufigsten Lebensmittel, Haushaltswaren und Spielzeug. Und viele Konsumenten wollen dies nun weiterhin tun. In einer Zusatzbefragung, die der bevh unter rund 2.500 Konsumenten durchführte, erklärte mehr als die Hälfte der Befragten (53,6 Prozent), sie würden aufgrund der Erfahrungen in der Coronakrise künftig mehr online bestellen. Besonders konnten hier der Lebensmittelhandel (21,6 Prozent) sowie Medikamente (17,6 Prozent), Drogerieprodukte (17,5 Prozent) und Tierbedarf (17,8 Prozent) zugewinnen.
Welche Branche profitiert?
Gerade bei Lebensmitteln zeigte sich allerdings, dass die Händler oft noch sehr traditionell unterwegs sind. Wer zügig liefern konnte, hatte die Nase vorn. In jedem Fall hat die Coronakrise aber so dazu beigetragen, dass sich viele stationäre Händler mit neuen Vertriebswegen und E-Commerce auseinandersetzen mussten. Wie die weltweite Forrester-Studie zeigt, hatte fast die Hälfte der befragten Unternehmen vor der Pandemie geplant, mehr in ihre stationären Geschäfte zu investieren. Inzwischen hat sich dieser Anteil halbiert. Stattdessen wollen Unternehmen jetzt die Investitionen in Online-Kanäle wie die eigene Website (64 Prozent), die eigene Mobile-App (58 Prozent), Social Media (52 Prozent) und Online-Marktplätze (46 Prozent) erhöhen.
Generell konnten Online-Marktplätze während es Corona-Lockdowns starke Zuwächse verzeichnen, allen voran Amazon. Aber auch neue, unbekannte Marktplätze, wie beispielweise die Plattform Einzelheld, die regionale Einzelhändler unterstützt, sind ein klarer Gewinner der Krise. Laut einer Umfrage des Werbenetzwerks Criteo hat ein gutes Drittel der Befragten erstmals bei einem kleinen Online-Shop bestellt, den sie vorher nicht kannten.
Auch in der Zukunft werden wir insgesamt mehr online einkaufen, weitere Produktkategorien online einkaufen oder auch einmal neue, unbekannte Shops ausprobieren.
Wer verliert?
Die arg gebeutelte Online-Reisebranche sowie der Verkauf elektronischer Tickets verzeichnen auch im zweiten Quartal einen starken Umsatzeinbruch von 71,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Hier zeigen sich die Auswirkungen des Lockdowns auf Reisen und kulturelle Events auch im E-Commerce in voller Härte.
Bei Bekleidung und Schuhen hatte die Corona-Krise zu einer deutlichen Kaufzurückhaltung im März und erst einer leichten Erholung im April geführt. Im zweiten Quartal verzeichnet die Branche ein Wachstum von 12,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Damit können die Umsatzeinbrüche aus dem ersten Quartal aber nicht voll kompensiert werden.
Lieferketten werden sich ändern
Die Bekleidungsindustrie gehört genau wie beispielsweise auch Medikamente oder Elektronik zu den Branchen, bei denen sich die Lieferketten verändern werden. Die Coronakrise machte die Abhängigkeit von Asien, insbesondere von China, überdeutlich. Textilien kommen fast ausschließlich aus Asien, bei Medikamenten ist es ähnlich. Vielen Betrieben fehlten Elektronik-Teile aus Fernost, so dass sie die Produktion drosseln mussten. Hier kommt es zu einem Umdenken. Kurzfristig wird sich an den Lieferketten nichts ändern, aber mittel- und langfristig wird wieder vermehrt in Europa produziert werden.
https://www.it-daily.net/shortnews/24238-online-handel-fasst-nach-corona-delle-wieder-tritt
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