Die digitale Transformation kommt allmählich im deutschen Handwerk an: 75 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen sich bereits mit dem Thema und 84 Prozent nehmen diese als Chance für das eigene Unternehmen und Geschäftsmodell wahr. Eine große Dringlichkeit sehen die Führungskräfte von Handwerksbetrieben allerdings nicht. So erwarten weniger Unternehmen, dass die Digitalisierung ihr Geschäftsmodell in den nächsten fünf Jahren verändern wird – eine Entwicklung, die dem allgemeinen Trend entgegenläuft. Dies sind die Ergebnisse der jährlichen Studie, die Star Finanz bereits zum dritten Mal unter rund 2.500 deutschen Unternehmen durchgeführt hat. Die Umfrage zeigt zudem: der Mangel an Komponenten und Personal bereitet den Unternehmen zunehmend Sorgen.
In der Erhebung wollte die Star Finanz wissen: Wie stehen mittelständische Unternehmen in Deutschland zum Thema Digitalisierung? Wer befasst sich mit dem Thema? Welche Schritte in Richtung der digitalen Transformation werden unternommen? Und welche Auswirkungen der Corona-Pandemie sind spürbar – im Hinblick auf die Digitalisierung, aber auch hinsichtlich anderer Aspekte?
Handwerk wandelt sich nur langsam
Insgesamt stehen Handwerksbetriebe der Digitalisierung positiv gegenüber und stellen sich darauf ein: 84 Prozent der Führungskräfte schätzen die Digitalisierung als Chance für ihr Geschäftsmodell ein und 75 Prozent beschäftigen sich mit dem Thema. 76 Prozent priorisieren dabei die Digitalisierung bestehender Prozesse, ein Wert, der gegenüber der letzten Befragung um 9 Prozentpunkte zugenommen hat. Die Beschäftigung mit dem Thema verbleibt auf 75 Prozent und unter dem allgemeinen Durchschnittswert von 80 Prozent. Leicht unterdurchschnittlich ist auch die Zahl jener, die die digitale Transformation in Bezug auf das eigene Geschäftsmodell als Chance bewerten – hier liegt der Anteil weiterhin bei 84 Prozent.
Dies ist nicht verwunderlich, denn in den Augen der meisten Befragten besteht keine große Dringlichkeit in Sachen digitale Transformation. Lediglich 38 Prozent der Handwerksbetriebe erwarten, dass sich ihr Geschäftsmodell in den kommenden fünf Jahren durch die Digitalisierung verändert – ein Anteil, der seit letzter Erhebung gleichgeblieben ist. Branchenübergreifend ist dieser Wert zwar um einen Prozentpunkt gesunken, liegt aber mit 45 Prozent immer noch weit über dem Ergebnis für Handwerksbetriebe. Eine wachsende Anzahl von Akteuren aus dem Handwerk glaubt generell nicht an einen Wandel ihres Geschäftsmodells: Während beim letzten Mal 26 Prozent bezweifelten, dass sich ihr Geschäftsmodell im Zuge der digitalen Transformation ändern wird, sind es in diesem Jahr 32 Prozent.
Keine Beschleunigung des technologischen Wandels durch Corona
An dieser Einstellung hat auch die Pandemie nichts geändert, im Gegenteil. Während bei der letzten Erhebung noch 55 Prozent der Entscheider aus Handwerksbetrieben der Ansicht waren, dass Corona die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells beschleunigt, sind es heute lediglich 38 Prozent.
Entsprechend geringfügig sind auch die Veränderungen der Betriebsabläufe durch Corona beziehungsweise der Maßnahmen, die Handwerksunternehmen im Zusammenhang mit der Pandemie umgesetzt haben. Die Zahl der Unternehmen, die auf den Einsatz digitaler Tools übergegangen sind, ist zwar von 21 Prozent auf 23 Prozent gestiegen, liegt aber ebenfalls deutlich unter dem Durchschnitt von 38 Prozent für die Gesamtheit der befragten mittelständischen Unternehmen.
Insgesamt sind Folgen der Corona-Pandemie auf die Betriebsabläufe für die Handwerksbetriebe immer noch spürbar und haben zum Teil sogar zugenommen. 28 Prozent der Unternehmen beklagen fehlendes Personal, ein Wert, der sich im Vergleich zur letzten Befragung verdoppelt hat und auch über dem Gesamtdurchschnitte der befragten Unternehmen liegt. Auch fehlendes Material und Komponenten stellen Handwerksunternehmen zunehmend vor Herausforderungen: Überwältigende 57 Prozent der Führungskräfte aus dem Handwerk berichten über dieses Problem (Gesamtdurchschnitt: 33 Prozent). Gestiegene Betriebskosten belasten 41 Prozent der Handwerksbetriebe – eine Zahl, die im Gesamtvergleich, bei dem dieser Wert 36 Prozent beträgt, ebenfalls überdurchschnittlich ist.
Zur Umfrage:
Die Star Finanz führte nach 2019 und 2020 im Juni 2021 erneut eine Online-Umfrage unter Einzelunternehmern, mittelständischen Firmen und Konzernen in ganz Deutschland durch. Ziel der Umfrage war es, Erkenntnisse zum Digitalisierungsgrad sowie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf deutsche Unternehmen zu gewinnen. Insgesamt nahmen rund 2.500 Firmen an der Befragung teil. Ein Großteil der Antwortgeber besetzt in den Unternehmen leitende Positionen. Über die Hälfte (54 Prozent) sind Inhaber oder Geschäftsführer, ein Viertel (25 Prozent) leitende Angestellte.