Es ist etwa acht Jahre her, da kostete eine SIM-Karte in Myanmar rund 2.500 Euro, mehr als das Doppelte eines durchschnittlichen Jahreseinkommens. Damals hatte nur ein Prozent der etwa 55 Millionen Einwohner Zugang zum Internet. Zum Vergleich: In Deutschland waren es zum gleichen Zeitpunkt rund 72 Prozent der Bundesbürger, 85 Prozent verfügten bereits über ein Smartphone. Grund für die geringe Verbreitung in Myanmar war eine fast 50 Jahre andauernde Militärherrschaft, die das Land in Isolation versetzte. 2011 setzte das Militär dann einen zivilen Präsidenten ein. Seither ist die Digitalisierung im Land nicht zu stoppen. Die tatsächliche Revolution begann aber erst 2013, als die Regierung das staatliche Monopol über Telefondienste aufhob. Unternehmen wie die norwegische Telenor Group und Ooredoo aus Katar investierten Milliarden, um das Land mit Telefonmasten auszubauen. Heute kostet eine SIM-Karte umgerechnet etwa 1,50 Euro.
Gesellschaftlicher Umbruch durch Mobile Payment
In keinem anderen Land hat sich das Telekommunikationsnetz so blitzartig entwickelt, wie in Myanmar. Nach drei Jahren Umbruch hatten 2016 schon 90 Prozent der Bevölkerung ein internetfähiges Smartphone. Mit steigender Verbreitung und Nutzung kam gleichzeitig die Einführung von Mobile-Payment-Lösungen. Da Banken im Land kaum vorhanden sind, haben nur etwa fünf Prozent der Bevölkerung Zugang zu einem Konto.
Wave Money, ein Joint Venture der Telenor Group und der Yoma Bank, ist der erste Anbieter, der 2016 eine Lizenz von der myanmarischen Zentralbank für mobile Finanzdienstleistungen erhalten hat. Die gemeinsam entwickelte App hilft vor allem den „unbanked people“, also Menschen ohne Bankkonto, am Wirtschaftswachstum teilzunehmen. Über die Applikation lässt sich digital ein kostenloses Konto eröffnen und schnell jederzeit Geld versenden oder empfangen sowie bei teilnehmenden Geschäften Bargeld abheben. In sogenannten Wave Shop Agents können Nutzer außerdem Bargeld auf ihr digitales Konto einzahlen. Seit der Gründung vor zwei Jahren zählt Wave Money schon 1,3 Millionen Kunden. Tendenz steigend.
Mönche 2.0: Schmaler Grat zwischen Tradition und Moderne
Dass der Digitalisierungsprozess in Höchstgeschwindigkeit eine ganze Gesellschaft, sogar uralte Traditionen umwälzen kann, sieht man an Myanmars Geistlichen. Schätzungsweise leben etwa 500.000 buddhistische Mönche in dem Land. Obwohl sie das Gelübde der Besitzlosigkeit auf sich genommen haben, setzt gerade die jüngere Generation auf Smartphones. Sie informieren sich über Social-Media-Apps wie Weibo, ein Twitter-ähnlicher Anbieter, oder chatten mit ihren Familien über WeChat. In Tibet beherbergt das Kloster Champa Ling etwa 1.200 Mönche, davon haben mehr als 700 ein Tablet oder Smartphone. Manchmal nutzen sie den mobilen Payment Service von WeChat Pay um Spendengelder für wohltätige Zwecke zu sammeln. Mit dem Smartphone die Welt verbessern, das ist die wirkliche digitale Revolution.
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