Nicht nur Wintersportbegeisterte kamen während der Olympischen Spiele im fernen Südkorea auf ihre Kosten. Das Land, das die meisten Menschen hierzulande vor allem mit seinen Großkonzernen LG, Samsung oder Hyundai in Verbindung bringen, entpuppt sich bei näherer Betrachtung auch als internationaler Spitzenreiter in Sachen Tech-Trends und Digitalisierung. Was dem südkoreanischen Rapper Psy vor einigen Jahren mit „Gangnam Style“ in der Popkultur gelang – nämlich das Land international bekannter zu machen – scheint nun dem technologieaffinen Nachwuchs zu glücken. Südkorea entwickelt sich zum Hotspot der Tech-Szene und erntet neidvolle Blicke von Startups und Politik weltweit.
Kalifornien um Jahre voraus
Triebfeder des digitalen Wandels sind konsequente staatliche und privatwirtschaftliche Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur. Kein Staat der Welt bietet Bürgern und Unternehmern beim Internet so schnelle Leitungen wie Südkorea. Mit durchschnittlich 28,6 Mbit pro Sekunde hat das Land nach Messungen des Internetdienstleisters Akamai die höchste durchschnittliche Internetgeschwindigkeit der Welt. Deutschland landet mit 15,3 Mbit pro Sekunde abgeschlagen auf Platz 25. Über 90 Prozent aller Haushalte Südkoreas verfügen zudem über einen Breitbandanschluss. Die Netzbetreiber SK Telecom und Korea Telecom treiben parallel dazu den Ausbau des Mobilfunknetzes voran. Pünktlich zu den Olympischen Spielen ging am Austragungsort eines der weltweit ersten Testnetze für die nächste Mobilfunkgeneration 5G in Betrieb. Sogar die führenden Technologiestandorte in den USA und deren hochmotivierter Nachwuchs können von diesen Voraussetzungen nur träumen.
Amazon? Coupang!
Unterstützung erfahren junge Gründer im fernen Osten sowohl von der südkoreanischen Regierung als auch von Initiativen wie der „Startup Alliance“, die Gründer mit Investoren vernetzt und sie in den alltäglichen Businessfragen fit macht. Das Ziel: Neben den großen Tech-Konzernen eine dynamische Gründerszene zu etablieren. Die Liste junger Nachwuchsunternehmen ist lang. Mittlerweile umfasst sie Gründungen aus der Finanz-Szene, Gesundheits-, Bildungs- oder E-Commerce-Startups, aber auch international erfolgreiche Medienunternehmen wie Smartstudy oder Lezhin Comics. Hinzu gesellen sich bereits etablierte Firmen wie der Essenslieferdienst Baedal Minjok, der mit 90 Millionen Bestellungen im Jahr zu den weltweit erfolgreichsten Angeboten dieser Art zählt oder aber der Online-Händler Coupang. Der hat Südkorea derart im Griff, dass der sonst so mächtige Rivale Amazon das Nachsehen hat.
Inzwischen ist auch bei einigen Großkonzernen die Erkenntnis gereift, dass sich gezielte Förderprogramme in Südkorea bezahlt machen. Einer der ersten Inkubatoren war das C-Lab von Samsung in der Nähe von Seoul; Google folgte 2015 mit einem Gründerzentrum mitten in der Hauptstadt. Dort können sich Startups um Arbeitsplätze, Bürotechnik und Mentoren für sechs Monate bewerben. Ein Ende der großzügigen Unterstützung ist jedenfalls nicht in Sicht. Der südkoreanische Präsident hat eigens ein neues Ministerium für Mittelstand und Startups geschaffen. In diesem Sinne: „Shijaki banida“ oder „Frisch gewagt, ist halb gewonnen“.
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