Ich habe mich bei alsterrunning.de angemeldet. Rund um die Außenalster, Hamburgs See mitten in der Stadt, führt ein Weg, der vermutlich Hamburgs meist frequentierte Joggingstrecke ist. An dieser Strecke sind gleichmäßig die sechs Messstationen von alsterrunning verteilt. Nach meiner Anmeldung erhielt ich einen Chip, den ich an meinem Laufschuh befestigt habe. Seitdem wird jeder Lauf, den ich an der Außenalster absolviere, getrackt. Rundenzeit, All Time High, wie viele Tage in Folge ich allein gelaufen oder mit einem anderen alsterrunning-Teilnehmer zusammengelaufen bin. Nichts bleibt unbemerkt, unveröffentlicht und unkommentiert.
Womit wir beim Thema wären. Zwar habe ich schon vorher meine Zeit, meine Herzfrequenz und meinen Kalorienverbrauch (wichtig!) während des Laufs getrackt, diese Werte aber nirgendwo dokumentiert. Dank alsterrunning bin ich nun mehr als zuvor in der Welt der vermessenen Athleten angelangt. Ich kann meine aktuellen Zeiten mit denen von früher vergleichen, und andere alsterrunning-Teilnehmer können meine Leistung verfolgen und kommentieren. Möchte ich das? Bei mir ist das eine rein persönliche Frage, Profisportler hingegen können das schon lange nicht mehr für sich entscheiden. Ihre Leistungen und Körperwerte werden rund um die Uhr getrackt und ausgewertet.
Unterstützung von Leistungssportlern mittels KI
So arbeitet der Deutsche Leichtathletik Verband mit dem Unternehmen AthleteMonitoring zusammen. Das System besteht aus einer Datenbank, die mit den mobilen Endgeräten der Sportler verknüpft wird. Dort werden nach definierten Kriterien deren Erholungsreaktion sowie Präventions- und Verletzungshistorie zentral gespeichert und mit den vom Sportler legitimierten beteiligten Trainern, Ärzten und Betreuern vernetzt.
Während der Trainer das Training nach Umfang und Intensität bewertet, gibt der Sportler an, wie er sich nach dem Training sowie am nächsten Tag fühlt. Zudem werden alle Leistungswerte gemessen. Das System soll Verletzungen vorbeugen, indem es beispielsweise mit einbezieht, wie gestresst und beansprucht ein Sportler ist. So kann eine Überbelastung vermieden werden, die zu einem Infekt oder einer Verletzung führen könnte.
Tracking reicht bis in das Privatleben des Sportlers
Soweit, so gut. Aber der Sportler muss sein gesamtes Leben offenlegen. Denn es wird auch gemessen, welche Aktivitäten es außerhalb des Trainings gibt, also wieviel der Sportler steht, geht, sitzt oder schläft. Das verlangt dem Sportler viel Vertrauen ab, allerdings geht es ja auch im etwas: Der DLV setzt das System für seinen Olympiakader und andere Spitzensportler ein. Was die Leistungsförderung und die Verletzungsminimierung angeht, überwiegt das Positive. Das ist gut für den Sportler. Die Preisgabe seiner Daten ist somit Voraussetzung der verbesserten Betreuung.
KI ist bei Vereinen und Verbänden weit verbreitet
Aber nicht nur der Deutsche Leichtathletik Verband, sondern praktisch alle Verbände und Vereine nutzen KI, um die Leistungen der Sportler zu messen und Bewegungen und Spielverläufe zu analysieren. Zu den bekannteren Beispielen zählen der FC Bayern München und der VfB Stuttgart: Letzterer setzt in einer speziellen Analyseabteilung Big Data ein. Die Bayern wiederum suchen regelmäßig bei „HackDays“ Programmierer und Experten für Data-Mining. Und die Handball Bundesliga GmbH arbeitet intensiv mit dem Datenanalyse-Unternehmen Kinexon zusammen. Das Münchner Unternehmen liefert eine Sensortechnik mit Analysesoftware für Sportclubs.
Dabei haben die Handballer, aber auch Fußballer und andere Sportler Sensoren im Trikot. Diese wiegen gerade mal ein paar Gramm und sind quasi unsichtbar. Sie messen und analysieren zum Beispiel die zurückgelegte Distanz, die kontinuierliche Geschwindigkeit der Spieler und des Balls, die Anzahl der Sprints und Sprünge sowie die Herzfrequenz der Athleten. All diese Daten können dann in Echtzeit auf einem Tablet angesehen werden. Während des Matches könnten die Zuschauer am TV profitieren, indem sie beispielsweise Angaben über die Sprunghöhe im Basketball erhalten. Noch viel wichtiger sind sie aber für die eingehende Analyse nach dem Spiel.
KI unterstützt vor allem bei der Analyse von Matches
So können bestimmte Bereiche auf dem Spielfeld eingegrenzt werden und alle Spielzüge, die in diesen Bereichen stattgefunden haben, nachvollzogen werden. So wird gnadenlos offenbart, wer einen Spielzug verpatzt hat. Fußball- und andere Sportfans kennen das bereits aus TV-Analysen in der Halbzeitpause oder nach dem Spiel.
Sogar Voraussagen über Spielzüge sind mit der Technik möglich. Neben der Handball Bundesliga arbeiten auch zahlreiche weitere Vereine wie die Basketball-Abteilung des FC Bayern München oder Fußballvereine wie die TSG Hoffenheim, Eintracht Frankfurt oder Bayer Leverkusen mit Kinexon zusammen.
Vorteile für Teams und Zuschauer
Einer der wohl nennenswertesten Vorstöße der sportlichen Digitalisierung findet gegenwärtig in der Formel 1 statt. Das Unternehmen kooperiert mit Amazon Web Services, einem der weltweit größten Cloud-Provider. Das Ziel dabei ist, die auf den Rennstrecken generierten Daten in Echtzeit zu verarbeiten und mit Daten aus über 65 Jahren Rennhistorie zu vergleichen. Hier wird deutlich, warum das Unternehmen die Cloud-Dienste in Anspruch nimmt: Jedes Rennauto ist mit über 200 Sensoren ausgestattet, die ununterbrochen relevante Testdaten erfassen. In einem eineinhalbstündigen Rennen werden so rund 250.000 Gigabyte an Daten generiert.
Auf Basis dieser Analysen sollen unter anderem während des Rennens die optimalen Zeitfenster für Boxenstopps und Reifenwechsel berechnet werden. Zudem ist dadurch auch ein Vergleich der Fahrerleistung zu früheren Rennen möglich. Damit sollen den Zuschauern Vorhersagen zu den taktischen Manövern und Strategien der Teams und Fahrer vermittelt werden, die am Ende die entscheidenden Sekundenbruchteile zum Sieg ausmachen können.
KI hält auch bei Hobbysportlern Einzug
Während es im Profisport letztendlich um Geld geht und die Technik somit zur Gewinnmaximierung eingesetzt wird, tracken Hobbysportler ihre Leistung freiwillig und auf eigene Kosten. Auch hier hat mit Fitnesstrackern, Sportuhren und Herzfrequenzmessern die digitale Technik Einzug gehalten. Und auch hier geht es, wie bei den Profisportlern, letztlich um die Verbesserung der eigenen Leistung.
Fazit: Big Data revolutioniert nicht den Sport, aber kann zu Leistungssteigerungen bei den Athleten führen und Verletzungen vorbeugen. Zudem ergeben sich Vorteile für die Zuschauer durch die Analysemöglichkeiten in Echtzeit. Fehler können schlechter versteckt werden und der Sportler muss seine Daten offenlegen, aber das gehört beim Profisport nun einmal dazu. Die Trackingmöglichkeiten sind heutzutage bloß professioneller als früher.
Auch Hobbysportler profitieren von der Technik, die, wenn auch in geringerem Umfang, im Prinzip für jeden verfügbar ist. Auch dem Hobbysportler hilft es, seine Leistungswerte zu speichern und zu analysieren. So kann er ebenso wie der Profisportler eine Überlastung frühzeitig erkennen und einer Verletzung vorbeugen. Und der Hobbysportler kann sich darüber hinaus entscheiden, mit wem er sein Daten teilen möchte.
https://www.athletemonitoring.com/
https://www.leichtathletik.de/nationalmannschaft/athleten-monitoring
https://intelligente-welt.de/digitalisierung-im-sport-mit-ki-und-big-data-auf-der-ueberholspur/
Weitere Informationen zum Thema Digitalisierung gibt es hier