Ob Phishing-Angriffe, Kryptowährungs-, oder SIM-Karten Betrug: Medien berichten häufig von Fällen, in denen Menschen Opfer von Betrugsmaschen unterschiedlichster Art geworden sind. Auch Verbraucherzentralen warnen regelmäßig davor. Die betrügerischen Methoden sind besonders im Finanzwesen vielseitig, denn sie werden nicht nur zahlreicher, sondern vor allem ausgeklügelter und nutzen jede neue Situation für sich.
Beispielsweise entstanden bereits in den ersten Wochen und Monaten der Coronapandemie blitzartig neue Betrugsmaschen wie Online-Shops, die gefälschte medizinische Produkte oder Schutzmasken verkauften, falsche Spendenaufrufe für humanitäre Zwecke oder betrügerische Kreditprogramme im Zusammenhang mit staatlichen Hilfsmaßnahmen. Der wirtschaftliche Schaden ist dabei für die einzelnen Personen als auch gesamtgesellschaftlich enorm. So hat laut eigenen Angaben der Betrugserkennungsservice von Visa allein im Jahr 2021 betrügerische Vorgänge mit einem Gesamtwert von rund 26 Milliarden Dollar verhindert.
Auf derartige Methoden zu reagieren und sie im besten Fall zu verhindern, ist Aufgabe der Betrugsprävention. Dabei stehen Banken täglich vor der Herausforderung, Betrug, Geldwäsche und Verstöße gegen Sanktionen innerhalb von Millionen von laufenden Transaktionen und Geschäften aufzudecken. Das erfordert nicht nur enorme finanzielle Ressourcen, sondern auch die Beschäftigung zahlreicher Mitarbeitender. Da wundert es nur wenig, dass inzwischen die Frage danach, welche Rolle Künstliche Intelligenz (KI) in der Betrugsprävention spielen kann, gestellt wird.
Betrug im Finanzwesen: Das sind die bekanntesten Maschen
Betrügerisches Handeln im Finanzsektor hat viele Gesichter. Gemeinsam ist allen Betrugsmaschen aber immer der vorsätzliche Versuch, finanzielle Vorteile zu erlangen, indem andere Personen, Unternehmen oder Finanzinstitute getäuscht werden. Darunter fällt insbesondere bei Privatpersonen die Verwendung gestohlener Kreditkarteninformationen für Transaktionen, also der klassische Kreditkartenbetrug. Aber auch der Identitätsdiebstahl, um Konten unter einer falschen Identität zu eröffnen, oder der als „Phishing” bezeichnete Versuch, sensible Informationen durch gefälschte E-Mails oder Nachrichten zu stehlen, gehören dazu.
Doch nicht nur Privatpersonen sind Opfer von Betrugsversuchen: Auch der Unternehmenswelt ist Finanzbetrug nicht unbekannt. Um nur einige Beispiele zu nennen: Immer wieder gibt es bekannte Fälle von Insiderhandel, also dem unrechtmäßigen Handel mit Aktien auf der Basis nicht öffentlicher Informationen. Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte Ponzi-Betrug. Hierbei werden Gelder von neuen Investor:innen verwendet, um frühere Investor:innen zu bezahlen, anstatt tatsächliche Gewinne zu erzielen. Wenn wiederum ein Individuum, ein Unternehmen oder eine Organisation Investor:innen hohe Renditen für ihre Geldanlagen verspricht, sie dann aber in betrügerische oder nicht existierende Investmentmöglichkeiten lockt, wird von Anlagebetrug gesprochen. Der wohl bekannteste Betrug ist die Geldwäsche – also die Praxis, illegal erworbenes Geld durch verschiedene Transaktionen und Konten zu leiten, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern und es legal erscheinen zu lassen.
Große Hoffnung KI: Kann sie der Flut an Betrugsversuchen Einhalt gebieten?
Betrugsversuche wie diese zu erkennen, stellt bei der schieren Masse an täglichen Geschäften und Transaktionen eine schwer zu meisternde Herausforderung für Finanzinstitute dar. Wo Menschen bei der Verarbeitung und Analyse dieser Menge an Daten oftmals an ihre Grenzen stoßen, ist es KI in einem Bruchteil der Zeit möglich, Millionen von Daten zu prüfen und Muster zu erkennen.
Diese Fähigkeit der KI hält besondere Chancen für die Betrugsprävention bereit. Denn mithilfe von KI-basierten Systemen können alle laufenden Geschäfte und Transaktionen von Banken in Echtzeit automatisiert überwacht werden, um verdächtige Verhaltensweisen zu erkennen und sofortige Maßnahmen zu ergreifen. Dadurch wird sowohl die Reaktionsgeschwindigkeit auf kriminelle Aktivitäten erhöht als auch eine anschließende manuelle Überprüfung und Analyse durch Mitarbeitende der Bank erheblich erleichtert.
Hinzu kommt die Lern- und Anpassungsfähigkeit von KI als erheblicher Vorteil im Gegensatz zu bisherigen digitalen Betrugserkennungssystemen: KI-basierte Systeme können neue Betrugsmethoden erkennen, indem sie aus vergangenen Vorfällen lernen und ihre Algorithmen aktualisieren. So können auch Fehlalarme mit der Zeit reduziert werden, da das System lernt, zwischen tatsächlichen betrügerischen Aktivitäten und legitimen Transaktionen zu unterscheiden.
Außerdem kann die Risikobewertung, zum Beispiel bei der Kreditvergabe durch Banken, mithilfe von KI erleichtert werden. Sie hilft dabei, das Betrugsrisiko von Transaktionen und Kund:innen zu bewerten, indem sie verschiedene Faktoren und Verhaltensmuster berücksichtigt.
Gleichzeitig haben manche Entscheidungen in der Betrugsprävention, wie die Kredit-Risikobewertung, enorme Folgen für Unternehmen und Privatpersonen. Nicht alle Analyseergebnisse einer KI sind immer korrekt. Ferner berücksichtigt sie bei der Risikobewertung auch keine menschlichen Komponenten (wie Motivation, Disziplin und Durchsetzungswille bei einem Kredit für ein Start-up). So bleibt die Notwendigkeit bestehen, bei für den Menschen folgenreichen Entscheidungen immer auch eine Bewertung menschlicher Mitarbeitender hinzuzuziehen.
In den meisten Fällen können die Fähigkeiten einer KI der Betrugsprävention im Finanzwesen einen großen Dienst erweisen, um den zahlreicher und raffinierter werdenden Betrugsversuchen entgegenzutreten. Auf menschliche Urteile kann die Branche aber schon aufgrund ihrer folgenreichen Entscheidungen für viele Menschen und Unternehmen nach wie vor nicht verzichten.
Titelbild: ©Bussarin Rinchumrus (istock)