Das Smartphone ist der tägliche Begleiter der Menschen geworden. Viele widmen ihm den ersten und den letzten Blick des Tages, vertreiben sich mit ihm die Langweile und managen ihren gesamten Alltag: To-Do Listen, E-Mails, Bankgeschäfte und der Austausch mit unseren engsten Vertrauten. Der mobile Begleiter kennt alle persönlichen Daten, Geheimnisse und Gedanken. Umso größer ist die Sorge, wenn es verloren oder vergessen wird.
Seit mehreren Jahren ist es jedoch üblich, dass das Smartphone aufgrund der intimen Daten immer besser geschützt wird. Was früher der PIN-Code war, entwickelte sich zum Entsperren mit Fingerabdruck und ist heute die Face-ID.
Fingerabdruck, Face-ID, Herzschlag?
An der Universität von Toulouse, Frankreich, beschäftigt sich eine Forschungsgruppe derzeit mit der Smartphone-Entsperrung über den eigenen Herzschlag. Das Authentifizierungssystem haben die Forscher HoldPass genannt. HoldPass kann den Nutzer des Smartphones anhand seines Herzschlags identifizieren und soll damit sicherer und effizienter sein als das bisher Dagewesene.
Das System baut auf die Ballistokardiographie (BCD) auf. Dabei handelt es sich um eine nicht-invasive, also ohne das Benutzen medizinischer Geräte, Technik zur Untersuchung der Herzaktivität. Sie misst die Bewegungen des menschlichen Körpers als Reaktion auf den Herzzyklus. Während der Nutzer das Smartphone in der Hand hält, kann HoldPass kleinste, durch die Herzaktivität entstehende Vibrationen in der Hand erfassen und verarbeiten und den Nutzer damit identifizieren.
Enorm sicher, enorm schnell
96,2 Prozent Authentifizierungsgenauigkeit innerhalb von 3 Sekunden: Das verspricht HoldPass und könnte damit eines der führenden Systeme werden, denn sowohl der Fingerabdruck als auch Face-ID haben Sicherheitslücken. Bisher ist HoldPass noch nicht auf dem Markt und steht vor einigen Herausforderungen. Die Authentifizierung per Vibration der Hand ist zwar theoretisch möglich, allerdings gibt die Hand nur ein geschwächtes Signal des Herzschlages wieder, wodurch der Messvorgang unpräzise wird. HoldPass steht zusätzlich vor der Herausforderung, die relevanten Herzschlag-Merkmale zu identifizieren, mit denen sich die Nutzer unterscheiden lassen. Diese können sich je nach Größe vom Herz und der Geschwindigkeit, mit der es schlägt, unterscheiden. Zusätzlich müssen diese Merkmale unabhängig von der Ausrichtung messbar sein und in Echtzeit auf das Smartphone übertragen werden.
Ähnliche Systeme bereits in der Entwicklung
Auch chinesische Forscher schlugen bereits vor, den Herzschlag als biometrisches Merkmal zur Authentifizierung zu verwenden. Allerdings müssen Nutzer das Smartphone dafür auf die Brust legen, damit das System funktioniert. An der Universität New South Wales in Australien haben Forscher wiederum ein System mit dem Namen VeinDeep entwickelt. Infrarot-Tiefensensoren lesen die einzigartigen Venenmuster auf dem Handrücken des Nutzers und entsperren so das Smartphone.
Die Idee, den individuellen Herzschlag zu nutzen, ist nicht neu und gibt es auch bei anderen Produkten wie EKG-Armbändern, mit denen sich Türen öffnen lassen oder Spiele, bei denen man nur mit dem richtigen Puls vorankommt. Da HoldPass allerdings nicht auf Basis eines EKGs, sondern mit Vibration funktioniert, ist das System noch sehr störungsanfällig. Äußere und innere Faktoren beeinflussen die messbare Vibration: Ein Ruck in der Bahn, die Geschwindigkeit, mit der wir uns fortbewegen aber auch das eigene Gewicht, Flüssigkeitsaufnahme und ein leichter Infekt haben Auswirkungen. Es mangelt den Forschern jedoch nicht an Innovationsgeist, um unsere Smartphones noch sicherer zu gestalten.
Quellen:
- Techbook: HoldPass soll Smartphone-Entsperrung per Herzschlag ermöglichen (techbook.de)
- Basicthinking: Können wir unserer Smartphones künftig per Herzschlag entsperren? (basicthinking.de)
- Trends der Zukunft: HoldPass soll Handy per Herzschlag entsperren: In die Hand nehmen, fertig! (trendsderzukunft.de)
- Basicthinking: Mit dem eigenen Herzschlag zum Highscore: App „Skip A Beat“ setzt auf neue Art der Interaktion (basicthinking.de)
- Basicthinking: Armband als Passwort-Ersatz: Per Herzschlag Türen öffnen, bezahlen und am Computer einloggen (basicthinking.de)
- Nevis: Wie sicher sind Face ID und Gesichtserkennung (nevis.net)
Titelbild: ©PIKSEL (istock)