Die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) hat großen Einfluss auf das tägliche Leben der Deutschen, denn sie sammelt Daten, die Auskunft über die persönliche Kreditwürdigkeit geben und vereinfacht als zentrale Institution den Austausch zwischen den rund 2.000 Kreditinstituten in Deutschland. Dafür bezieht sie von über 9.000 Vertragspartnern Informationen, beispielsweise von Telekommunikations- und Stromanbietern sowie von Banken und Sparkassen. Bei ihrem Scoring berücksichtigt die Schufa mehrere Faktoren wie etwa laufende Kredite, ob und wie regelmäßig diese getilgt werden und Umsätze auf Girokonten und der Kreditkarte. Die gesammelten Daten werden von Kreditinstituten angefragt, wenn ein Kredit vergeben werden soll, von Vermietern vor Abschluss eines Mietvertrages oder auch bei einem Online-Kauf auf Rechnung.
Nutzerdaten aus dem Netz beeinflussen die Kreditvergabe
In den USA ist die Bonitätsprüfung bereits einen Schritt weiter. Die Aufgabe, die in Deutschland vor allem die Schufa übernimmt, übernehmen in den USA drei unterschiedliche Organisationen: Experian, Equifax und Trans Union. In den USA wird bei nahezu jeder Vertragsunterzeichnung der Credit Score abgefragt. Doch die Auskunfteien berücksichtigen nicht nur die finanziellen Gewohnheiten der Menschen, sondern sie analysieren auch die persönlichen Accounts in den sozialen Medien. Die abgefragten Informationen reichen von der Online-Bestellhistorie bis hin zu wo und wann eine Person nach einem Kredit gesucht hat, wie oft die Person in den Urlaub fährt, Infos zur Studienzeit und Berufstätigkeit sowie zu den allgemeinen Aktivitäten in den sozialen Medien. Dieses Scoring-Verfahren ist besonders intransparent und wird deshalb von vielen Seiten kritisiert. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Lebensstil, Ethnie, Geschlecht, Alter, der soziale Status, der Wohnort oder die Universität mit der Kreditwürdigkeit in Beziehung gesetzt werden. Dies würde Diskriminierung Tür und Tor öffnen.
In Deutschland sind die Datenschutzbestimmungen allerdings sehr streng und gelten auch für das Scoring, weshalb ein solches Modell hierzulande zum aktuellen Zeitpunkt nicht denkbar ist. Trotzdem plante die Schufa bereits 2012 in Kooperation mit dem Hasso Plattner Institut eine Studie, die untersuchen sollte, wie soziale Netzwerke das Scoring beeinflussen könnten. Sowohl bei Verbrauchern als auch in der Politik wurde das Vorhaben negativ aufgenommen und stark kritisiert, was schlussendlich dazu führte, dass die Studie nie durchgeführt wurde.
Junge Kunden offener gegenüber Social Scoring
Endgültig begraben ist das Thema Social Scoring jedoch noch nicht. Im Gegenteil. Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC) befragte 2018 im Rahmen einer Umfrage 1.023 Endverbraucher zwischen 18 und 70 Jahren, wie sie dazu stehen, dass Banken die Kreditwürdigkeit anhand der persönlichen Accounts in den sozialen Medien und anderen öffentlich zugänglichen Informationen aus dem Internet beurteilen. Das Ergebnis: Auch nach sechs Jahren gibt es kaum Zustimmung für Social Scoring. Nur 11 Prozent der Befragten sehen darin eine Chance. Die Mehrheit empfindet es als Risiko und hat Angst vor Fehlschlüssen, die dazu führen, dass ein Kredit nicht bewilligt wird. Auffallend ist jedoch, dass die Akzeptanz bei den 18- bis 25-Jährigen deutlich höher ist. Innerhalb dieser Altersgruppe wären 38 Prozent bereit, ihr Social-Media-Profil einem Kreditinstitut zur Verfügung zu stellen, wenn sie dadurch einen Kredit zu günstigeren Konditionen bekämen. Wenn sie bestimmen dürften, welche Daten der Kreditgeber genau einsehen kann, wächst der Zustimmungswert sogar auf 61 Prozent.
In Zukunft freie Bahn für Social Scoring?
Die Daten, die Nutzer im Internet von sich preisgeben, haben in Deutschland offiziell keinen Einfluss darauf, ob ein Kredit vergeben wird, der Stromvertrag abgeschlossen werden oder die neue Wohnung bezogen werden darf. Aufgrund der Entwicklung ist es jedoch denkbar, dass Informationen aus den sozialen Netzwerken zukünftig relevanter werden. Deshalb sollten Nutzer sich gut überlegen, was sie von sich preisgeben wollen und was nicht.
Quellen:
- Theworldnews: So kann Social Media deine Kreditwürdigkeit beeinflussen (theworldnews.net)
- WELT: Scoring-Verfahren: Kreditinstitute prüfen Kunden bei Facebook und Co. – WELT
- Springer Professional: Social Media Marketing | Social Scoring ist unbeliebt bei Kunden | springerprofessional.de
- Finanzfluss: Was macht die Schufa? Schufa einfach erklärt! – Finanzfluss
- PwC: studie-ist-deutschland-bereit-fuer-social-scoring.pdf (pwc.de)
- Deutschlandfunk: Weiter Wirbel um Schufa-Studie zur Nutzung von Sozialen-Netzwerk-Daten | deutschlandfunk.de
- Hasso Plattner Institut: Schufa-Forschungsprojekt gekündigt (hpi.de)
- University of Georgia: University of Georgia: Leading Public Higher Education (uga.edu)
- Pressetext: USA: Social Media für Kredit-Scoring genutzt (pressetext.com)
- Das Investment: Kreditkulturen: Unterschiede zwischen den USA und Deutschland | DAS INVESTMENT
- Knowledge at Wharton: The Surprising Ways that Social Media Can Be Used for Credit Scoring – Knowledge at Wharton (upenn.edu)
Titelbild: ©cofotoisme (istock)
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