Keine Frage, die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs im Einzelhandel schreitet voran, nicht zuletzt durch Corona. Waren die Deutschen bisher Bargeldliebhaber, so zücken sie inzwischen schon für kleinste Beträge die Girocard. Auch das Bezahlen mit dem Smartphone ist auf dem Vormarsch. Weniger beliebt bei den Deutschen ist das Zahlen mit Kreditkarte im Lebensmitteleinzelhandel. Was sich zumeist noch nicht geändert hat, ist der Kassiervorgang an sich, bei dem eine Verkäuferin oder ein Verkäufer Waren mittels eines Scanners erfasst.
Der nächste Schritt – die Selbstscanner-Kasse
Der nächste Schritt zu mehr Digitalisierung im Einzelhandel ist die Selbstscanner-Kasse. Bisher sind Selbstbedienungskassen, bei denen der Kunde die Waren selbst einscannt und mittels Karte oder Smartphone bezahlt, in Deutschland noch nicht die Regel. Andere Länder wie Großbritannien oder Frankreich sind uns weit voraus. IKEA bietet bspw. Selbstscanner-Kassen seit über zehn Jahren an, andere Handelsketten waren bisher zurückhaltend. Die Gründe waren unter anderem die bei den Deutschen so beliebte Bargeldzahlung, die Selbstscanner-Kassen nicht zulassen. Zudem glauben Viele, dass sie den Arbeitsplatz des Verkaufspersonals sichern, wenn sie sich an einer Bedienkasse anstellen.
Die Akzeptanz von SB-Kassen ändert sich nun deutlich aufgrund der Corona-Pandemie. Wie eine Befragung unter mehr als 1.000 Konsumenten durch das EHI Retail Institute ergab [1], haben rund 80 Prozent der Befragten Self-Checkout-Kassen bereits wahrgenommen und sogar 60 Prozent wünschen sich mehr dieser Kassen. Das ist auch deswegen bemerkenswert, da es solche Kassen nur in rund 1.000 Märkten überhaupt gibt.
Vorteile werden in kürzeren Wartezeiten, einer selbst bestimmten Geschwindigkeit am Point of Sale (POS) sowie in einer einfachen Bedienung und Bezahlung gesehen. Vor der Corona-Pandemie gaben knapp 40 Prozent der Befragten an, SB-Kassen oder sogar kassenlose Checkouts gegenüber bedienten Kassen zu bevorzugen. In Pandemiezeiten erhöht sich ihr Anteil signifikant. Als Hauptargument gilt nun den Kontakt zu anderen Menschen und das Anfassen von Kassenband und Warentrenner vermeiden zu können.
Die nächste Revolution
Aber auch eine Selfscanner-Kasse bleibt eine Kasse. Sprich: Der Kunde legt seine Waren zunächst in den Einkaufskorb, um sie dann an der Kasse nochmal hervorzuholen, zu scannen, zu zahlen und ggf. sogar zuvor in einer Schlange zu stehen. Das alles stört beim Einkaufserlebnis. Daher ist der folgerichtige Schritt das automatische Scannen der Waren direkt im Einkaufskorb und das automatische Bezahlen.
Anfang 2018 machte Amazon Schlagzeilen mit seinem ersten kassenlosen Laden „Amazon Go“ [2]. Inzwischen gibt es 15 davon in den USA, und im Februar eröffnete in Seattle das erste Großformat „Amazon Go Grocery“ mit fast 1.000 Quadratmetern und rund 5.000 Produkten. Die in den kassenlosen Shops verbaute Technik erkennt, welcher Kunde welche Produkte aus den Regalen nimmt, diese in seinen Einkaufskorb packt oder ins Regal zurücklegt. Der gesamte Einkauf wird vollautomatisch verfolgt, in einem virtuellen Einkaufskorb gesammelt und anschließend mit Hilfe der Amazon-Go-App online bezahlt. Inzwischen testen immer mehr Einzelhändler auf der ganzen Welt kassenlose Geschäfte.
Keine Frage, der sogenannte „Frictionless Store“ ist die Zukunft. Neben dem Erkennen von Barcodes muss die KI dabei aber noch weitere Aufgaben meistern. Dazu gehören das automatische Erkennen von losem Obst und Gemüse sowie das Wiegen. Und das Beantworten von Kundenfragen zu Produkten, wie beispielsweise „Wo kommt dieser Apfel her?“
Mehrheit würde in kassenlosem Geschäft einkaufen
Im Rahmen einer repräsentativen Studie [3] haben VR Payment und das EHI Retail Institute Verbraucher und Einzelhändler zur Zukunft des Check-outs im stationären Handel befragt. An der Erhebung nahmen 1.000 Konsumenten und rund 50 Händler verschiedener Branchen aus der Gruppe der Top-250-Filialisten in Deutschland aus den Bereichen Lebensmittelvollsortimenter und Discounter, Textilhandel, Schuheinzelhandel, Baumärkte, Warenhäuser sowie Möbel- und Drogeriemärkte teil.
Demnach glaubt die Mehrheit der Händler und Konsumenten an einen kassenlosen POS. So halten es 55 Prozent der Befragten für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich, dass ein kassenloser Checkout in Zukunft flächendeckend im deutschen Einzelhandel eingesetzt wird. Und 62 Prozent würden wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich selbst in einem kassenlosen Geschäft einkaufen.
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Das Bezahlen wird insgesamt vielfältiger, digitaler und vor allem mobiler. Das Smartphone entwickelt sich zum Smarttool und wird zur zentralen Drehscheibe im Einkaufs-, Bestell- und Bezahlprozess.
Fazit: Keine Frage, Corona hat einen Schub bei der Digitalisierung im Einzelhandel bewirkt. Die verstärkte Nutzung unbarer Zahlungsmittel aufgrund der Pandemie macht Neuerungen wie Selbstscanner-Kassen oder den kassenlosen POS in Deutschland erst möglich. In wenigen Jahren werden wir die neuen Techniken im Einzelhandel nutzen. Das wird zu Zeitersparnis führen, das Einkaufen entspannter machen, und wie Beobachtungen in anderen Ländern zeigen, führt es nicht zu Entlassungen beim Verkaufspersonal.
Titelbild: ©gorodenkoff (iStockphoto)
[1] https://www.ehi.org/de/pressemitteilungen/kassenpraeferenzen-in-der-corona-krise/
[2] https://www.markant-magazin.com/markant/digitale-evolution-am-pos
Weitere Informationen zum Thema Digitalisierung gibt es hier