Noch ist unser virtuelles Spiegelbild etwas unscharf – doch das „Digitale Ich“ nimmt im Internet schnell konkrete Formen an. In Zukunft wird es all diejenigen Daten eines Internet-Users, die er oder sie online zur Verfügung gestellt hat, bündeln und speichern. Ziel ist es, die bisherigen teils unterschiedlichen Benutzernamen und Passwörter, die für die Anmeldung etlicher Internet-Portale notwendig sind, in einer einzigen digitalen Identität zu vereinen und besser abzusichern. Schätzungen zufolge wird ein durchschnittlicher Internetnutzer bis zum Jahr 2020 etwa 200 digitale Zugänge sichern und dabei gerade mal sechs bis sieben unterschiedliche Passwörter verwenden. Die digitale Identität vereinfacht somit nicht nur die komplexen Anmeldeprozesse. Sie soll den Verbraucher vor Hackern schützen und gerade bei sensiblen Vorgängen wie dem Online-Banking die Identität des Nutzers eindeutig verifizierbar machen.
Amazonisierung im Bankensektor
Visionäre in diesem Bereich sind vor allem Tech-Giganten wie Facebook, Google, Apple und Amazon. Einmal eingeloggt können User binnen kürzester Zeit Bestellungen aufgeben ohne jedes Mal Name und Lieferadresse, Kontodaten oder ähnliches angeben zu müssen. Zusätzlich erweitern diese Tech-Konzerne ihre Produktpalette sukzessive, so dass sie zunehmend in immer mehr Lebensbereichen des Nutzers stattfinden. Dazu zählt nicht zuletzt auch der Finanzsektor. Mit alternativen Payment-Funktionen wie Google Wallet oder WhatsApp Pay treten sie in direkte Konkurrenz mit klassischen Banken und versuchen sich als fester Bestandteil im Dienst- und Finanzwesen zu etablieren. Einen Nachteil haben sie dennoch: Geht es um größere Summen oder Ersparnisse, vertrauen die Nutzer immer noch den ihnen bekannten Finanzinstituten, wobei die Sparkassen hier im besonderen Maße Vertrauen genießen.
Eine Symbiose zwischen künstlicher Intelligenz und digitaler Identität
Viele Institute erkennen zunehmend, dass auch sie über einen immensen Datenschatz verfügen und diesen digital erschließen können. Infolge der digitalen Transformation investieren sie deshalb in Technik-Innovationen wie künstliche Intelligenz (KI). Klingt wie Science-Fiction – wird aber schon in naher Zukunft Teil unserer Realität sein. So genannte, auf KI basierende, Chatbots sind textbasierte Dialogsysteme, die ähnlich wie Alexa und Siri Kundenanfragen entgegennehmen und adäquate Antworten liefern werden. Dieser digitale Kundenbetreuer hat nicht nur Zugriff auf einen gigantischen Speicher, sondern ist zudem auch lernfähig – hat also kognitive Fähigkeiten. Die Deutsche Kreditbank (DKB) lancierte vor Kurzem einen Chatbot namens „Herbie“. Dieser soll den DKB-Kunden bei Konsumentenkrediten zur Seite stehen. Auch die Schweizer Bank Credit Suisse und das Online-Trading-Portal Swissquote setzen seit Sommer 2017 digitale Kundenbetreuer ein.
Die wichtigsten Features der KIs werden in Zukunft Gesichts- und Iriserkennungen sein, um den Kunden eindeutig identifizieren zu können. Bankkunden können dann all ihre Bankgeschäfte und Verträge online abwickeln ohne dabei auch nur einen Fuß in die Filiale setzen zu müssen. Ungeachtet dessen bleibt eine große Herausforderung die Möglichkeit der anonymen Kommunikation. Diese sollte den Nutzern stets zur Verfügung stehen, denn noch schrecken viele vor der Idee eines digitalen Spiegelbilds zurück.
Bildnachweis: © monsitj
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