Bereits 2019 forderte die Bundesbank die Bankenwelt auf, europäische Bezahllösungen als Alternative zu PayPal, Apple Pay, Google Pay und Co. zu entwickeln. Zu beherrschend seien die US-Bezahldienste. Mehr und mehr würden die Kundenbeziehungen von amerikanischen Tech-Unternehmen übernommen, den Banken bliebe nur die Rolle des Zahlungsabwicklers. [1]
Inzwischen haben sich 20 europäische Banken aus sieben Ländern zur sogenannten Europäischen Payment Initiative (EPI) zusammengeschlossen, um PayPal und Co. die Stirn zu bieten. Zu den Gründungsmitgliedern von EPI gehören Flaggschiffe wie Deutsche Bank, BNP Paribas, ING oder Banco Santander. Auch zwei Zahlungsabwickler, Wordline und Nexi, sind an Bord. Unterstützt wird die Initiative von der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission. [2]
Livegang für 2022 geplant
Bereits im nächsten Jahr soll EPI live gehen. Dabei gibt es zwei Standbeine: Eine Karte, die sowohl physisch als auch virtuell in einer Wallet genutzt werden kann und Instant Payment, also Echtzeitüberweisungen, bei denen das Geld in Sekunden auf dem Konto landet. Das EPI-System soll dabei eine Zahlungslösung sein, die man für (fast) alle Art von Zahlungen nutzen kann: sowohl im stationären Handel, als auch beim Online-Shopping oder um Geld an Freunde zu schicken – und das europaweit.
Die Kunden erhalten die Karte dabei von ihren Banken, wenn diese Teil des Verbundes sind. Wenn eine Karte nicht mehr gültig ist, wird sie von der teilnehmenden Bank gegen eine EPI-Karte ausgetauscht. Martina Weimert, die Geschäftsführerin der Initiative, rechnet mit einem Zeitraum von drei Jahren, bis alle Karten ausgetauscht sind.
Akzeptanz durch Kunden und Handel notwendig
Allerdings ist dies nur die eine Seite der Medaille. Die Akzeptanz der EPI-Karte steht und fällt sowohl mit der Akzeptanz des bargeldlosen Zahlens als solchem, als auch mit der Akzeptanz durch die Händler, die das neue Zahlungsmittel integrieren müssen. Ersteres hat durch die Coronakrise einen enormen Schub erfahren. War Bargeld früher, vor allem in Deutschland, das Maß aller Dinge, ist das bargeldlose Zahlen inzwischen überall nicht nur akzeptiert, sondern sogar bevorzugt.
Was die Integration der neuen EPI-Karte durch den Handel angeht, ist die Initiative gut beraten, Handel und Handelsverbände ins Boot zu holen. [3] Nur wenn das neue Zahlungsmittel einfach und sicher ist, besteht die Chance, dass die Kunden zumindest einmal erwägen, nicht mittels PayPal zu zahlen. Helfen könnte hier der europäische Gedanke. Viele Verbraucher wären gern bereit, ein europäisches Finanzprodukt zu nutzen.
Unterstützung durch Deutsche Kreditwirtschaft
Auch das Projekt #DK (Digitale Kreditwirtschaft) der Deutschen Kreditwirtschaft unterstützt EPI. [4] Im Rahmen dieses Projekts werden aktuell paydirekt und Giropay zusammengeführt. Später sollen noch Kwitt und die Girocard hinzukommen. Wie die Deutsche Kreditwirtschaft mitteilt, soll das Projekt in einem späteren Schritt in die europäische Initiative integriert werden.
Wettbewerber mit deutlichem Vorsprung
Doch die Wettbewerber sind deutlich voraus. Allein PayPal hat mehr als 25 Millionen Nutzer in Deutschland. Weder das 2005 gegründete Giropay noch das 2015 gestartete paydirekt konnten in solche Sphären vordringen. Zum Vergleich: paydirekt verzeichnet nach eigenen Angaben rund 3,5 Millionen Nutzer.
Seitdem die Sparkassen-Girocards auch für Apple Pay genutzt werden können, holt auch der Bezahldienst des US-Konzerns rasant auf. Laut „Welt am Sonntag“ sollen im Dezember 2020 bereits mehr als 1,5 Millionen Sparkassen-Kunden Apple Pay eingebunden haben. [5]
Fazit: Bis die europäische Initiative den US-Konzernen die Stirn bieten kann, wird es wohl noch dauern. Aber sie kommt zum richtigen Zeitpunkt und die EPI-Karte kann, wenn sie mit interessanten Mehrwerten ausgestattet und die Nutzung einfach und sicher ist, mit Sicherheit Boden gut machen. Denn viele Kunden werden eine europäische Lösung zu schätzen wissen, allein aus Datenschutz-Erwägungen.
Quellen:
Titelbild: ©NatalyaBurova (iStock)