Im ersten Teil unserer Trilogie sind wir auf die Entwicklung des Digitalisierungsprozesses im Firmenkundengeschäft eingegangen. Obwohl das Corporate Banking ein essentielles Geschäftsfeld etablierter Finanzinstitute in Deutschland ist, zeigte sich, dass die Digitalisierungsbemühungen in den letzten Jahren mehrheitlich im Privatkundengeschäft stattgefunden haben. Da Finanzinstitute wissen, dass sie der Digitalisierung im Firmenkundenbanking Rechnung tragen müssen, haben zuletzt Initiativen in diesem Bereich zugenommen. Im zweiten Teil der Trilogie wollen wir uns daher auf die großen Player im Corporate Banking fokussieren – wer spielt mit und welche Initiativen gibt es?
Big Player im Corporate Banking
Mit den sich wandelnden Anforderungen auf Firmenkundenseite steigt auch der Druck auf die etablierten Finanzinstitute, ihr Firmenkundengeschäft grundlegender zu digitalisieren. Laut einer Studie von Boston Consulting werden die Finanzinstitute in fünf Jahren 30 Prozent ihrer Erträge mit Firmenkunden aus digitalen Angeboten und Kanälen generieren. Ihr Anspruch muss daher sein, die Prozesse auf die Bedürfnisse der Geschäfts- und Firmenkunden zuzuschneiden. Denn der digitale Firmenkunde erwartet zurecht, dass er beispielsweise ein Konto genauso schnell und einfach eröffnen kann wie ein Privatkunde.
Noch sind insbesondere die Sparkassen im Corporate Banking grundsätzlich stark aufgestellt, denn ein großer Teil aller Geschäfts- und Firmenkunden in Deutschland ist bei einer Sparkasse und nutzt das Online-Banking. Die Sparkassen haben sich recht umfangreich mit der Transformation im Firmenkundengeschäft auseinandergesetzt. Mit der Electronic-Banking-Software SFirm sowie ihren mobilen Erweiterungen Unterschriftenmappe und Finanzcockpit bieten sie ihren Kunden schon heute eine moderne Lösungslandschaft. Aber auch die Commerzbank und die Deutsche Bank mischen mit einem Firmenkundenportal mit: Letztere lancierte erst vor kurzem ihre Plattform „BluePort“ speziell für ihre Firmen- und Geschäftskunden. Das Portal öffnet die Türen für digitale Bankleistungen und zusätzliche Dienstleistungen ausgewählter Start-ups. Die ING Diba plant hingegen eine Plattform für die Online-Kreditvergabe für kleine und mittlere Unternehmen. Mit den Plattformlösungen zielen die Banken darauf, die Kundenbindung zu stärken und die jeweilige Bank als zentralen Ansprechpartner für Firmenkunden zu etablieren. Zu den neu eingeführten Services der letzten Monate gehört zum Beispiel die Möglichkeit bankenübergreifend alle Konten eines Kunden in das eigene Online-Banking der eigenen Bank zu integrieren und so die Verwaltung von Zahlung und Liquiditätsmanagement im eigenen Angebot zusammenzufassen.
Neuer im Wettbewerb um den zentralen Kundenzugang im Firmenkundengeschäft sind Anbieter von Finanz- und Buchhaltungslösungen. So bietet zum Beispiel die DATEV, der genossenschaftliche Dienstleister der Steuerberater, seit Kurzem einen Online-Zugang nicht nur für die eigenen Genossen, sondern auch für deren Firmenkunden an. Hier können Unternehmen etwa ihre Ein- und Ausgangsrechnungen hochladen, speichern, automatisiert auslesen und als Zahlungsanweisung an die Bank versenden. Im Kern dient diese Lösung dem komfortableren, digitalen Austausch von Belegen – Kunden können so den Postweg zum Steuerberater umgehen, auch einfache kaufmännische Prozesse – Rechnungen vorbereiten, den Konten zuordnen und die digitale Lohnbuchhaltung – werden hier schon abgebildet.
Aber nicht nur die Etablierten, auch Fintechs mischen das Feld auf. Dazu gehören nicht nur Anbieter von Speziallösungen wie Working Capital Optimization, Supply Chain Financing und Lending, sondern auch die sogenannten Neo-Challenger-Banken, die mit intelligenten Geschäftskonten für kleine Geschäfts- und Gewerbekunden zunehmend in das Kerngeschäft der Banken vordringen. Das Besondere an den Neo-Challenger-Banken: Sie integrieren regelmäßig auch Near-Banking-Leistungen wie Finanzierung und Factoring, Versicherungen oder kaufmännische Prozesse wie die Buchhaltung. Auch Lösungen im Beyond-Banking-Bereich sind echte Innovationstreiber in diesem Segment.
Ein Beispiel für den Erfolg dieser digitalen Herausforderer ist der Finanzierer CRX Markets, ein digitalisierter und weitgehend automatisierter Marktplatz für die Finanzierung von Lieferketten. Der Spezialanbieter vermittelt nicht nur den Verkauf von Forderungen, Unternehmen können auch ihre Verbindlichkeiten über diese Plattform meistbietend an kurzfristig anlegende Investoren wie Versicherungen, Family Offices und Pensionsfonds veräußern.
Schnittstellen und digitale Erlebniswelt
Eine der Hauptherausforderungen ist die Transformation der Dienstleistungen in eine digitale Erlebniswelt. Verstärkt in den Fokus rücken dabei Innovationen, die zusätzliche Services schaffen, wie kaufmännische Prozesse zu digitalisieren. Auch hier können Fintechs etablierten Instituten als Vorbild dienen. Sie arbeiten bereits heute daran, wie sie Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz nutzen können, um insbesondere Services wie die Buchhaltung oder das Controlling noch effizienter zu gestalten.
In Puncto „Rundum-sorglos-Services“ gehen Tech-Giganten wie Amazon mit bestem Beispiel voran. Sie haben mit der Integration diverser Serviceangebote Plattformen geschaffen, die die unterschiedlichsten Bedürfnisse aller Kunden bündeln. Und mit Produkten wie Amazon Pay, Amazon Lending, Amazon Cash oder Amazon Protect bietet das Unternehmen von Payment über Finanzierung bis zu Versicherungen fast die gesamte Wertschöpfungskette der Bankingleistungen an. Den Firmenkunden von Amazon kommt das entgegen, denn Bankdienstleistungen sind nur ein kleiner Teil ihrer kaufmännischen Prozesse und diese sind nur ein kleiner Teil des gesamten Betriebs. Auch die anderen großen Player bewegen sich in diese Richtung. Google bietet bspw. längst Finanzierungs- und Versicherungslösungen an. Zugleich ist jüngst bekannt geworden, dass Amazon auch beabsichtigt, seinen Kunden bald ein Girokonto anzubieten – Corporate Management, TV, Shopping sowie Bezahlung über eine Plattform, ein geschlossenes Ökosystem. Die Bemühungen der Banken zielen zunehmend darauf ab, sich an diesem Gesamtbedarf der Firmenkunden zu orientieren und ganzheitliche Ökosysteme zu etablieren. Diese werden künftig noch stärker über die Leistungen klassischer Finanzinstitute hinausgehen.
Dieser Beitrag ist Teil einer Trilogie zum Thema „Digitalisierung im Firmenkundengeschäft“. Die beiden anderen Artikel findest Du hier:
• Teil 1: Der digitale Firmenkunde
• Teil 3: Plattformen und Lösungslandschaften
Hier geht es zurück zu allen Veröffentlichungen